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Medizin

ediziner, arsten, (Einzahl arste), die an einer der damaligen Universitäten studiert hatten, gab es in Lübeck bereits kurz nach der Gründung der Stadt. Hinrik Gruter ist 1460 als „civitatis Lubicensis medicus iuratus“, als vereidigter lübeckischer Stadtarzt, urkundlich als solcher ausgewiesen. Mindestens seit dem Spätmittelalter gab es auch in Lübeck eine vom Rat erlassene Medizinalordnung. Seit der „Baseler Reformation“ von 1439 war die ständige Einrichtung des Amtes eines „Stadtphysicus“ verpflichtend für alle reichsfreien Städte. Er hatte in Lübeck amtliche Funktionen im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens. Dazu gehörten Maßnahmen zur Verhütung von Seuchen, die Beaufsichtigung des Brauereiwesens und der Trinkwasserversorgung durch das in Nordeuropa absolut einmalige Wasserleitungssystem. Die wenigen akademisch geschulten Ärzte durften aber nicht wie in anderen Städten eine Standesorganisation bilden.

Nicht akademisch, sondern handwerklich ausgebildete. Der Konkurrenzdruck zwischen all diesen Gruppen war sehr groß, so daß es häufig zu Kompetenzstreitigkeiten kam, besonders zwischen den Badern und Barbieren.

Chirurgen Um 1330 taucht in den Kämmereirechnungen auch ein Stadtchirurg auf. Wohl ebenfalls den Chirurgen zuzurechnen war in dieser Zeit eine Ärztin Barbara, zudem jüdischen Glaubens.

Bader (bad)stover , betrieben die Badstuben, die stoven.  Sie durften ihren Beruf nur in ihrer Badstube ausüben und dabei auch barbieren, schröpfen, zur Ader lassen und alte Wunden behandeln.

Der Aderlaß; Buchminiatur aus der Handschrift eines unbekannten deutschen Meisters, 1471, Stadtbibliothek Frankfurt a/M.

Barbiere barberer, baartscherer. Sie waren gleichzeitig Wundärzte, dabei durften sie auch Hausbesuche machen. In Lübeck waren sie nicht so schlecht angesehen wie anderswo, vielleicht sogar besser als die Bader. Beide, Bader und Barbiere, hatten ein eigenes Amt.

Hebammen hevemoder. Weil sie viele abergläubische Bräuche weitertrugen, waren sie diejenigen, die am ehesten der Hexerei verdächtigt wurden.

Apotheker krudenere. Im Jahre 1412 wurde in Lübeck mit der Ratsapotheke eine der ersten städtischen Apotheken im Deutschen Reich gegründet. Davor gab hier es fünf Apothekerbuden auf dem Markt. Die Ratsapotheker waren Ratsherren, den Krudeheren, unterstellt und ihnen zur Rechenschaft verpflichtet.

Nicht approbierte, meist umherziehende Heilspersonen:

Starstecher starsteker behandeln den Grauen Star, was aber sehr risikoreich ist. Darum machen sie sich auch schnell aus dem Staube. „Wultu dat star steken, so nym eynen griffel van suluere, de schal vore scharp wesen . . so lose dat star in den oghen bi der nezen ersten etc.“

Zahnbrecher ziehen Zähne. Tenenworm - Zahnwurm, er frißt den Zahn von innen und ist die Ursache von tenensere - Zahnschmerzen.

Bruchschneider brooksnider, behandeln Eingeweidebrüche.

Steinschneider entfernen Blasensteine.

Kräuterfrauen sind meist Auswärtige, die ihre auf dem Lande gesammelten Kräuter auf dem Markt feilbieten.

Alchimisten

Okkultisten usw.

Die vielen Betrüger und Quacksalber schädigten das Ansehen der gesamten Heikunde.

Als Werke christlicher Barmherzigkeit gab es kirchliche Einrichtungen der Kranken- und Waisenfürsorge, z.B. das St.-Gertruden-Armen- und Pockenhaus vor dem Burgtor, das St.-Jürgen-Stift vor dem Mühlentor, das Leprosenstift St. Jürgen in Kl. Grönau, das Siechenhaus in Travemünde.

Quelle:
Meinolfus Strätling und Peter Schmucker, Die Geschichte der Medizin in Lübeck in: Der Wagen 2006, Lübecker Beiträge zur Kultur und Gesellschaft, Hr. im Auftrag der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit von Alken Bruns, Lübeck 2006

Bild, rechts unten: Tod und Arzt mit Urinal, Ausschnitt aus dem Lübecker Totentanz von Bernt Notke, Kopie von Carl Julius Milde, 1852.