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Frauenarbeit

an darf heutige Forderungen nach Gleichberechtigung nicht auf das Mittelalter übertragen. Der Handlungsspielraum von Frauen im Gewerbe war damals sehr begrenzt und wurde in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts immer begrenzter bei ca. 20 % Frauenüberschuß. Frauenarbeit fand größtenteils im Verborgenen statt. Hauptsächlich versorgten sie die Haushaltsmitglieder, spannen, webten und brauten für den Eigenbedarf. Wenn Frauen selbständig ein Gewerbe betrieben, dann zumeist unreguliert, unzünftisch und wenig lukrativ. Diese Frauen gehörten überwiegend der städtischen Unterschicht an. In den mei-sten Ämtern konnten jedoch Witwen gemäß dem Witwenrecht bis zur Wiederverheiratung den Betrieb von ½ bis zu drei Jahren weiter führen.

Fernhandel
Im Fernhandel ersetzten Frauen nicht selten den länger abwesenden Ehemann. Ihre Geschäfte waren gültig und wurden auch von ihren Handelspartnern offensichtlich akzeptiert. Es ist für Lübeck belegt, daß Kaufmannswitwen im Mittelalter die einzigen Frauen waren, die ein Gewerbe ohne größere Schwierigkeiten betreiben konnten. Kauffrauen hatten im Gegensatz zu anderen aber auch das Risiko der Verschuldungs- und Konkursfähigkeit. Es gab im Fernhandel aber doch nur sehr wenige Frauen – er war fest in Männerhand.

Einzelhandel Dagegen beherrschten die Frauen als Krämerinnen und Hökerinnen den Verkauf kleiner Mengen von Gütern des täglichen Bedarfs. Geringerer Organisationsaufwand und Eigenkapitalbedarf kam den Frauen dabei entgegen. Hökerinnen verkauften eher die verderbliche Ware.

Dienstleistungsgewerbe Vor allem die nicht amtsmäßig organisierten Dienstleistungen waren Tätigkeitsfelder der Frauen. Dazu gehörte das Herbergs- und Schankgewerbe, besonders, wenn sie ein Haus besaßen. Die Frauen ohne Besitz verdienten sich ihren Unterhalt sehr häufig als Dienstmägde im Haushalt anderer Leute. Der Lohn war, wenn es ihn überhaupt gab, äußerst gering, noch geringer als derjenige der Knechte.

Handwerk
Im Textilgewerbe arbeiteten überwiegend Frauen, es war eine typisch weibliche Arbeit. Qualifizierte handwerkliche Ausbildung war durchweg Männern vorbehalten. Weibliche Lehrlinge oder Gesellen sind für Lübeck nicht belegbar. Töchter von Meistern waren aber vielfach in deren Werkstätten mit tätig. In den meisten Gewerben war die Teilnahme der Frauen auf den Familienrahmen beschränkt. Gerade in kleineren Betrieben war die Ehefrau wertvolle zusätzliche Arbeitskraft, sie übernahm einen Teil der handwerklichen Arbeit besonders da, wo keine Gesellen waren. Sie sorgte sowohl für die Anschaffung der Rohstoffe als auch für den Verkauf der Fertigware.

Daneben waren Frauen am häufigsten im weitverbreiteten und hochbedeutsamen Brauereigewerbe anzutreffen. Frauen waren in der Herstellung tätig, hauptsächlich jedoch in Vertrieb und Ausschank als „krogersche“ oder „tappersche“ d. h. Zapferin. Die Amtsrollen der Lübecker Brauer des 14. Jahrhunderts sind die einzigen, die sowohl männliche wie weibliche Mitglieder nebeneinander auflisten. Später müssen zumindest die Witwen die Möglichkeit gehabt haben, selbständig einen Braubetrieb weiterzuführen. Die Konsumenten waren gemäß den Quellen hauptsächlich Männer. Es zeigt sich dabei eine sehr enge Verbindung zwischen dem Ausschank von Bier und Prostitution. Der Übergang war fließend.

Prostitution
Mit zunehmender Abschottung der Ämter wurde es für Frauen immer schwieriger, sich einen Lebensunterhalt zu verdienen. Viele Frauen suchten daher aus wirtschaftlicher Not einen Ausweg in der Prostitution. Lübeck hatte von der Stadt gekaufte offizielle Bordelle in der Hartengrube und in der Kleinen Altefähre. Beliebte Anlaufstellen waren auch Herbergen, Badestuben, Wirtschaften und auch Privathäuser. Ein bestimmtes Kennzeichen an der Kleidung wie in anderen Städten gab es in Lübeck erst nach 1500. Die Kirche betrachtete die Prostitution zwar als moralisch verwerflich und verdammenswert, doch in der Praxis entschloß man sich zur Tolerierung dieser unvermeidbaren sozialen Tatsache.

Klöster
Das Klosterleben war eine durchaus attraktive Alternative zur weltlichen Ehe. Es gab aber zu wenige Frauenklöster, die zudem wegen des teuren Eintritts nur wohlhabenden Frauen zugänglich waren. In Lübeck gab es dafür nur das Cisterzienserinnenkloster St. Johannis mit einer Kapazität von etwa 70 Plätzen.

Beginen
Schlechter gestellten Frauen boten sich Beginenkonvente als Versorgungsmöglichkeit. Die Beginen lebten in weiblichen, christlich orientierten Gemeinschaften, jedoch ohne eine strenge Ordensregel. Die Frauen ernährten sich durch vielfältige handwerkliche Tätigkeiten, z.B. der Textilherstellung oder auch der Krankenpflege. Sie waren in Lübeck auf fünf verschiedene Häuser verteilt. Ohne väterliche oder eheherrliche Kontrolle wurden sie im Laufe des 15. Jahrhunderts zunehmend als Bedrohung empfunden.

Quelle:

Dagmar M. H. Hemmie: Ungeordnete Unzucht, Prostitution im Hanseraum (12.-16. Jahrhundert) Lübeck – Bergen – Helsingör; Köln Weimar Wien 2007

Bild, rechts unten: Tochter lernt, was Frauen tun: spinnen.